Bücher · Klassiker · Science-Fiction & Dystopien

1984

Foto-1119Originaltitel: Ninteen Eigthy-Four

Autor: George Orwell

Verlag: Ullstein

Genre: Klassiker, Science-Fiction

Seitenzahl (inkl. Nachwort): 383

Erscheinungsjahr (Originalausgabe): 1949

1984, eine Geschichte, die so manchem ein Begriff sein dürfte und dennoch nicht zu den allerbekanntesten zählen dürfte, habe ich persönlich doch eher zufällig mal etwas aufgeschnappt, was sich mir ins Gedächtnis einbrannte und mich neugierig machte, was sich denn hinter dieser Jahreszahl verbirgt.

Der Klappentext meiner Ausgabe lautet folgendermaßen:

Big Brother is watching you – Der Klassiker

Orwells Roman über die Zerstörung des Menschen durch eine perfekte Staatsmaschinerie ist längst zu einer scheinbar nicht mehr erklärungsbedürftigen Metapher für totalitäre Verhältnisse geworden. Sein literarischer Erfolg verdankt sich einem beklemmenden Wirklichkeitsbezug, dem auch der Leser von heute sich nicht entziehen kann.

Wo kann man am besten mit einer Rezension zu diesem Buch beginnen? Man begleitet Winston Smith, einen scheinbar normalen Bürger Ozeaniens bei seinem Alltag, doch schnell merkt man, dass er das vorhandene politische System als etwas Zwanghaftes, Unangenehmes Ansieht, was mit der Ansicht eines Lesers der heutigen Zeit übereinstimmt.

Denn Winston lebt in einem Überwachungsstaat. Überall sind Tele-Schirme, die nicht nur die Menschen dauerhaft mit einem nervigen, von der Partei gemachten Programm bestrahlen, dass nicht abstellbar ist, nein, ebenso kann man durch die Tele-Schirme auf Schritt und Tritt überwacht werden. Überall sind Kameras, an jeder Ecke könnte ein verstecktes Mikrofon lauern. Es gibt keine Gesetze, doch man weiß, dass das ungeschriebene Gesetz besagt, dass ein falscher Gesichtsausdruck, ein im Schlaf gemurmeltes Wort reicht um für immer ausgelöscht zu werden.

An dieser Stelle sei Orwell zu seinen „Vorhersagen“, was die technische Entwicklung angeht, gratuliert.

Doch der Reiz des Buches liegt nicht schlichtweg in einer düsteren Zukunftsvision, die aus heutiger Perspektive schon wieder Vergangenheit sein müsste, wäre sie eingetreten, sondern, dass man sich trotz des Bewusstseins, es handle sich um bloße Fiktion, in diesen Überwachungsstaat dermaßen hinein teleportiert fühlt, sodass man wie auch Winston das Gefühl entwickelt, der von der Partei vorgeschriebene Weg und die von der Partei geänderte Vergangenheit könne nicht die Wahrheit sein. Man will Winston einfach dazu bringen, es zu schaffen, man will, dass er Verbündete findet und die Welt umstürzt.

Im weiteren Verlauf der Handlung jedoch war neben der übermäßigen Identifikation mit dem Protagonist Winston auch eine gewisse Distanzierung bei mir vorhanden, was wohl daran lag, dass die eintretenden Ereignisse ein anderes Licht auf ihn werfen.

Auch genannt werden muss Orwells Genialität, mit der er das ganze Buch hindurch Doppeldenk, dass das nebeneinander bestehen zweier, sich gegenseitig ausschließender Wahrheiten, anwendet, was sich beispielweise durch die Namen der Ministerien, die Kriege, die sich ändern und doch gleich bleiben und den Charakter des O’Brien ausdrückt.

Das Ende jedoch schwach meine Begeisterung ein wenig ab, obwohl es vermutlich sogar den gewünschten Effekt erzielt hat. Dieses Gefühl der absoluten Unfairness, als wäre man ein kleines, quengeliges Kind, das seine Süßigkeiten nicht kriegt, kann ich nicht ausstehen. Lieber hätte ich mir den Weltuntergang gewünscht als dieses Ende, das auswegsloser als das Ende der Menschheit scheint, obwohl ein derartiges Ende vermutlich den meisten Sinn bietet, da es die größte Belehrung darstellt.

Alles in Allem halte ich 1984 für ein Buch, dass man ruhig mal lesen kann. Es ist nicht zu lang und sorgt dafür, dass man sich des Glücks das wir mit der Konstellation unserer Gesellschaft haben deutlich bewusst sind und hoffentlich nie ein derartiger wie in 1984 beschriebener Fall eintritt. Dafür gibt es 5 von 5 Kreuzen.

† † † † †

Gezeichnet Seitenfetzer

4 Antworten auf „1984

  1. „1984“ ist mit Abstand meine liebste Dystopie. Ich finde das Ende perfekt, wobei du natürlich recht hast: Es ist sehr gemein. Aber es passt natürlich in diese gesamte Welt.

  2. Hallo 🙂

    1984 ist das Buch, das ich bisher wohl als einziges Buch so gut fand, dass ich es nie wieder lesen möchte. Denn der Nebeneffekt dieses verdammt guten Buches war, dass ich fürchterliche Beklemmung verspürt habe. Zugegebenermaßen ist es aber auch daran „schuld“, dass ich die kommunikationswissenschaftliche Richtung eingeschlagen habe und für Meinungsfreiheit sehr viel mehr tun würde als andere. In sofern hat dieses Buch mich gewaltig beeinflusst – auch wenn ich mich vor der Beklemmung fürchte und es wie gesagt nicht wieder lesen werde. Vermutlich. Denke ich. Man weiß ja nie 😉

    Vielen Dank für diese sehr gut geschriebene Rezension zu einem Buch, das sehr schwer zu rezensieren ist!

    Liebe Grüße
    Sarah
    #litnetzwerk

    1. Hey Sarah,
      ich selbst wäre einem Reread prinzipiell nichtmal soo abgeneigt, einfach um die Handlung wieder in schärferen Konturen im Gedächtnis zu haben. Allerdings dürfte beim zweiten Mal vermutlich auch etwas verlorengehen.
      Es freut mich auf jeden Fall, dass dir meine Rezension zu einem für dich so bedeutsamen Buch auch gefällt. ^^
      Liebe Grüße an dich zurück!

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